Wolf Vostell, Herkules
Deutsch
Vostells Beschäftigung mit Bildern der Gewalt begann mit dem Environment Schwarzes Zimmer (1958) , welches er noch im elterlichen Haus erstellte und drei Jahre später in seinem Atelier in Köln ausstellte. Die Arbeit besteht aus drei Assemblagen von technischen Geräten, die er als „dé-coll/agiert“ im Sinne von „auseinandergenommen“ bezeichnet. Die Untertitel lauten: Deutscher Ausblick, Treblinka und Auschwitz Scheinwerfer. Mit dieser Arbeit begann auch die Auseinandersetzung mit der Shoah und der Ereignissen im 3. Reich, die Vostell als Kind miterlebte. In einer langen Reihe von Arbeiten zu diesem Thema steht auch die Vorzeichnung zu einem Entwurf für ein Holocaustmahnmal am ehemaligen „Lehrter Stadtbahnhof“ in Berlin (heute Berlin Hauptbahnhof). Dem Sammler und Freund Vostells Heinrich Liman gewidmet, zeichnete er sie auf einen leeren Briefumschlag. Sie diente zur Vorbereitung eines Messinggusses mit dem Titel Herkules (1995): Drei Lokomotiven vom Typ „Herkules“ stehen steil an einem Pylon und weisen gen Himmel. Den Entwurf erstellte Vostell außer Konkurrenz für den Standort, an dem sich im 3. Reich eine Sammel- und Transportrampe befand. Von dort aus wurden tausende europäische Juden in Viehwagons in die Konzentrationslager abtransportiert, die von Lokomotiven dieses Typs gezogen wurden. Einmal mehr zeigt Vostell die Zweischneidigkeit moderner technischer Errungenschaften, welche unter falschen Voraussetzungen von tödlichem Nutzen sein können.